Spannend wie eine Doppelfolge Berlin – Tag & Nacht


Die Voraussetzungen waren perfekt: Tolles Wetter, ein attraktiver Gegner mit stimmungsvollen Fans und – natürlich – eine ausverkaufte Hütte. Was sollte da schon schief gehen?

In schönstem Wetter radelte ich die nagelneue „Fahrradgaderobe“ an, wo ich mein Fahrrad abschloss, eine Pfandmarke in Empfang nahm (die ich nur wenig später direkt verloren habe) und mich auf den Weg nach lukullischen Genüssen machten. Die Bratwurst war wie immer heiß und lecker, das Bier jedoch war eine Vorschau auf das Spiel. Der „Beerjet“ sollte eigentlich dafür sorgen, schnell das Bier zu servieren, aber tatsächlich war das Ganze langsamer als die Oma in meinem Dorfkrug. Irgendwas passte da nicht.

Das Bier entsorgte ich mit einem Bummel über dem Dom, wo ich von einer älteren Dame angesprochen wurde, wann denn das Spiel losgeht, wer der Gegner ist, und was denn so eine Karte kostet. Mit einem „Irgendwann werde ich mir das auch mal anschauen“ ließ sie mich dann zurück. Eigentlich ist sowas kaum der Rede wert, erlebt man solche Unterhaltungen doch ständig. Andererseits: Da steht ein unrasierter Typ in Fankluft, Bier trinkend am hellichten Tag in der Gegend herum. Bei den meisten Vereinen würde man da wohl sicherheitshalber einen großen Bogen drum machen. Bei unserem FC St. Pauli  ist es irgendwie ganz normal, dass man keine Bedenken haben muss. Manch einer mag das langweilig finden, ich finds toll. Wobei natürlich meine  unglaublich sympatische Ausstrahlung einen weiteren Beitrag geleistet hat… 🙂

Nachdem das erste Bier geleert war, ging es zum Eismann. Zwei Kugeln – Schoko und Vanille  (Keine Experimente!) in der Waffel. Wer weiß wann es wieder die Kombination Sonne, Dom, Heimspiel gibt. Das musste ausgenutzt werden. Nun aber endgültig zu den Eingängen. Erwartungsgemäß waren viele Kartensucher unterwegs. Wenn das heute kein Fußballfest würde, was dann? Ein heute etwas forsches Abklopfen später machte ich mich mal wieder zu den schönsten Bierverkäuferinnen Deutschlands und ergatterte mein erstes Stadionbier. Flugs drauf ging es dann auf zu meinem Stammplatz in der „gemütlichen“ Ecke in Richtung Nord. Es fiel sofort auf, dass doch recht viele rote Schals zu sehen waren. Väter mit Kindern, einzelne Pärchen. Wieder etwas, was eigentlich nur bei uns ganz alltäglich ist. Gut – auch hier gibt es Ausnahmen: Ein HSV- oder Rostock-Schal würde mindestens ein paar blöde Sprüche heraufbeschwören.

Vor Anpfiff hatte sich „Zecki“ leider verletzt, so dass er nicht mit aufs Spielfeld konnte. Netter Aprilscherz, das neue Maskottchen. Andererseits. irgendwie habe ich das Gefühl, einige werden sich einen Zecki basteln.

Das Spiel fand hauptsächlich im Mittelfeld statt, vor allem vor dem Unioner Tor passierte irgendwie gar nix. Hinzu kam, dass jede noch so kleine Nickligkeit vom Schiri abgepfiffen wurde. Insbesondere die Unioner litten teilweise an extremer Schwindsucht. Wobei ich den Spielern gar nicht einen so großen Vorwurf machen möchte: Das Ausnutzen der Schiedsrichterschwächen gehört eben auch zum Profigeschäft.

Die Stimmung war irgendwie seltsam. Es wurde sehr viel gesabbelt, zwischendurch wurde sogar mal auf die blendende Sonne geschimpft; Schirmmützenlose Kleingeister! Auf dem Platz war aber auch einfach nichts wirklich spannendes zu sehen. Fouls. Unterbrechungen. Freistöße. Kein echer Spielfluss. In der 30sten Minute gab es dann endlich mal spannende Toszenen auf beiden Seiten. Zu erst verpasst Brandy nur cm vor unserem Tor und fast im Anschluss köpft Lasse den Ball perfekt in die untere rechte Ecke. Unfassbar, dass da der Keeper noch dran war.

Knapp 10 Minuten später durfte Robin sich erstmals auszeichnen und nach einem Freistoß – getreten von Dennis Daube – einen eigentlich unhaltbaren Ball in Handballtorwartmanier doch noch rausfischen. Nur kurze Zeit später hatte die Abwehr zum bisher einzigen Mal gepennt. Doch Buballa machte den Fehler wett, sprintete wie ein Usain Bolt und störte in letzter Sekunde in unserem 16er. Kurz drauf war es dann wieder vor dem Unioner Tor spannend, wurde aber komplett verschlafen.

Bibiana Steinhaus pfiff überpünktlich ab. Die Sonne war mittlerweile hinter dem Stadion verschwunden und wir hatten ein Flutlichtspiel. Die Pause wurde zum Fachsimpeln genutzt, welche echten Typen wir denn noch auf dem Platz hätten. Also das Potential, eine echte Sankt Paulianer Kultfigur zu werden. Um ehrlich zu sein: Mir fiel da keine ein. Lasse Sobiech vielleicht. Doch das wurde mir – nicht ganz unbegründet – ausgeredet, dass das ja wohl gar nicht ginge, jemand der mal HSV-Viren eingeatmet hatte. Aber mal abwarten. Ist ja nicht sein Fehler, dass er in Mordor gefangen war.

Das Zwischenfazit fiel ziemlich ernüchternd aus. Eigentlich ein Spiel auf hohem Niveau: Beide Mannschaften machten keine gravierenden Fehler und dennoch – oder gerade deshalb – war das bis hierhin furchtbar langweilig da unten. Das einzige, was man ihnen evtl. vorwerfen konnte war Feigheit.

Zu Beginn der zweiten Halbzeit hüllte sich der Unioner Block in roten Rauch. Das stank selbst noch erbärmlich, als das bei uns ankam. Sah aber einigermaßen schick aus.  Auf dem Platz ging es etwas spannender los als in der ersten Halbzeit, war aber immer noch nicht wirklich ein Highlight. Immerhin hatte Dennis Daube mich korrekt verstanden, als er direkt vor mir einen Freistoß trat und auf mein „Mach kein Scheiß, Dennis!“ reagierte, indem er das Ding völlig versemmelte. Geht doch. Stimmungsmäßig blieb das Spiel auf überschaubarem Niveau. Teilweise waren die Unioner besser zu hören als wir. Geht eigentlich gar nicht.

In der 70sten musste Ratsche dann raus, der dieses Mal bei weitem nicht so auffällig war. wie sonst. Sebastian Maier nahm seine Position ein. In Minute 75 stand es dann plötzlich 0:1. Glücklicherweise nur kurz, denn der Toschütze stand klar im Abseits. Als Robin dann die Verwirrung des Gegners ausnutzen wollte und schnell abstoßen, verhinderte das ein Unioner, indem er ihm den Ball weg schoss. Und kassierte dafür eine gelbe Karte.

Direkt im Anschluss durfte Ryo erstmals im Ligaspiel auflaufen. Er wurde bejubelt, als wäre er seit 20 Jahren bei St. Pauli. Fafa kam in der 82sten Minute rein und machte – wie schon bei der letzten Einwchslung wieder richtig Dampf. In den letzten füf  Minuten gab es dann endlich die spannenden Torszenen, die wir das ganze Spiel über erhofft hatten. Aber Thy und Picault vergaben leider ihre Chancen.

Ein Fußballfest war das heute nicht. Ein anständiger Punkt, taktisch in Ordnung, aber auch furchtbar langweilig. Ratsche war heute irgendwie komplett abgemeldet, dafür haben mir Buballa und vor allem Waldi Sobota heute sehr gut gefallen. Fafa überzeugte mal wieder als Fast-Joker und Robin sowieso über alle Kritik erhaben. Insgesamt war es ein sehr müder Kick, oder wie mein Nebenmann sagte: „Wir haben ja ne Dauerkarte; Wie müssen ja kommen“. Natürlich meckern auf hohem Niveau. Der Punkt ist Ok. Das Spiel war nur echt lahm. Da hätte man auf dem Dom mehr Spaß gehabt.

 

 

 


2 Antworten zu “Spannend wie eine Doppelfolge Berlin – Tag & Nacht”

  1. […] Links: – Fotos Stefan Groenveld – Fotos UNVEU – Vor dem Spiel-Gespräch mit Sebastian vom Textilvergehen – Nach dem Spiel-Gespräch mit Daniel von “Eiserne Ketten” – Taktik-Blog “Eiserne Ketten“ – Bericht MagischerFC: “Aufwachen, Loide!” – Bericht BREITSEITE: “こんばんは“ – Bericht und Bilder Zaphod Beebleblox: “Aprilscherze” – Bericht Fangirl1910: “Ro(a)hrkrepierer” – Bericht Nice Guys St.Pauli: “Senfdazu#18” – Podcast zum Spiel beim Textilvergehen: “Der invertierte Tuschekreisel” – Grenzenlos 1910: “Kein Gold auf dem Weg zum Silber” […]

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