Eine Geschichte von Krähen und von Augen


Ich bin ehrlich: Das Statement ACAB geht mir eigentlich zu weit. Auch ACABAB reicht da in meinen Augen als Differenzierung nicht aus. Mein Problem ist das erste „A“. „All“ greift in meinen Augen zu weit, denn ich habe auch schon durchaus besonnene Polizisten in Hamburg kennengelernt. Gut – Nicht gerade im Umfeld von Fußballspielen oder Demonstrationen, aber dennoch gibt es sie.

[vision_pullquote style=“2″ align=“right“] Die Grundrechte scheinen nicht mehr sonderlich schützenswert zu sein[/vision_pullquote]In den letzten Tagen hat sich aber wieder mal gezeigt, dass mindestens VVCAB (Verdammt Viele) Arschlöcher in Uniform unterwegs sind. Das Verhalten der Polizei in Hamburg „heute fangen wir mal an“ beim Schanzenfest ist ja mittlerweile gut dokumentiert. Und auch die Gefahrengebiete waren – jetzt auch höchstrichterlich festgestellt – eindeutig gesetzeswidrig. Dass es dennoch keine echten Konsequenzen für die Verantwortlichen gibt überrascht mich leider schon lange nicht mehr. Die Grundrechte scheinen nicht mehr sonderlich schützenswert zu sein.  Zusätzlich gab die nicht vorhandene Aufklärung der NSU-Morde bisher eine Ahnung, dass da etwas reichlich schief läuft und Sympathisanten bis weit ins rechte Spektrum existieren. Doch was jetzt in Hannover geschehen ist, zeigt, dass es nicht nur eine Ahnung ist, sondern es gibt konkrete Beweise, wie die Polizei in weiten Teilen tickt.

Wer die letzten Tage unter einem Stein gelebt hat: In Hannover wurden Flüchtlinge in Polizeigewahrsam misshandelt und gedemütigt. Der Täter in Uniform prahlte im Anschluss mit seinen Taten. Sein Verhalten war offensichtlich von Vorgesetzten geduldet worden. Alles in allem erscheint das Menschen verachtende Verhalten des Beamten wie eine Bewerbung für Guantanamo.

[vision_pullquote style=“2″ align=“left“] Kann man sich später schön mit „Ich habe von alledem nichts gewusst“ herausreden[/vision_pullquote]Die Oberkrähen, wie Rainer Wendt, Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft spielen das Ganze gerne als „Einzelfall“ herunter. Nur ergibt eine Summe von Einzelfällen nun mal doch ein Muster. Kritik an der Polizei gilt in diesen Kreisen ohnehin als subversives Verhalten und unangemessen. Johannes Hartl hat diesen seltsamen Reflex sehr gut auf Publikative.org zusammengefasst. Wie soll es zudem dazu passen, dass in Hannover bei zu lauten Schreien der Opfer einfach mal die Tür zugemacht wird, damit man das alles nicht hören muss? Ist ja eigentlich auch ganz praktisch. Kann man sich später schön mit „Ich habe von alledem nichts gewusst“ herausreden. Hat ja schon mal geklappt.

Wollte die Polizei sich endlich den Respekt zurück verdienen, den sie ununterbrochen fordert, würde jetzt endlich versucht werden, die Tat lückenlos aufzuklären und die Täter zu bestrafen. Stattdessen wird gegen diejenigen gegiftet, die sich um die Aufklärung bemühen, weil „die sich offensichtlich lieber zunächst im Fernsehen vernehmen lassen“ wie die Staatsanwaltschaft von Hannover verlauten lässt. Fakt hingegen ist: Monate vor der Berichterstattung hatten Vorgesetzte um eine Untersuchung gebeten. Ohne Erfolg. Es ist schon ziemlich bezeichnend, dass innerpolizeiliche Untersuchungen selbst dann sabotiert werden, wenn die Vorgesetzten Alarm schlagen.

[vision_pullquote style=“2″ align=“right“] Respekt muss man sich verdienen.[/vision_pullquote]Ich weiß ehrlicherweise gar nicht was schlimmer ist: Dass Ermittlungen gegen Polizisten entweder aus fadenscheinigen Gründen eingestellt oder gar nicht erst aufgenommen werden, oder dass sich darüber niemand mehr so wirklich wundert. Das Beispiel Hannover zeigt (nicht zum ersten Mal), dass man offensichtlich nicht darauf hoffen kann, dass von Polizisten vergangene Verbrechen ernsthaft verfolgt werden. Lösbar ist dieses Problem nur, in dem endlich dafür gesorgt wird, dass Polizisten die gleichen Strafen zu erwarten haben wie „normale“ Menschen. Und das geht nur durch eine unabhängige Instanz. Ohne die Presse kommen solche Schweinereien gar nicht mehr ans Licht. Erst die Medien sorgen dafür, dass überhaupt ermittelt wird. Aber selbst dann ermitteln Polizisten gegen Polizisten. Oftmals aus der gleichen Wache. Für andere demokratische Nationen ist es selbstverständlich, dass nur eine unabhängige Instanz diese Untersuchung führen darf. Hier ist dringend eine Diskussion in den Parlamenten notwendig.

Oft wird der mangelnde Respekt vor der Polizei bedauert. Mag stimmen. Aber Respekt muss man sich verdienen. Solange Polizisten über dem Gesetz stehen wird der Respekt weiter sinken und nicht steigen. Und das mit Recht.

[vision_notification style=“tip“ font_size=“12px“ closeable=“false“] Das Titelbild stammt von der Zettelwirtschaft Hamburg (CC:BY-NC-ND 3.0) [/vision_notification]


Eine Antwort zu “Eine Geschichte von Krähen und von Augen”

Schreibe einen Kommentar