Herzlich willkommen – und sorry für die asozialen Nachbarn


Ich hatte ja ein klein wenig Hoffnung gehabt: Die Pegida-Veranstaltungen wurden immer weniger besucht, die „besorgten Bürger“ (nannte man früher einfach nur Rassisten)  waren nicht mehr so präsent in der Wahrnehmung. Und dann kam Freital. Auf der einen Seite Menschen, die alles verloren haben, die um ihr Leben fürchten mussten und Hoffnung auf einen Neuanfang haben. Auf der anderen Seite Rassisten, tumbe Vollidioten, die dafür sorgen, dass das Gefühl um sein Leben fürchten zu müssen präsent bleibt. Offene und versteckte Nazis, die „Wir wolln Euch hängen sehn“ brüllen.

[vision_notification style=“tip“ font_size=“12px“ closeable=“true“] TL;DR? Lest einfach den letzten Absatz und macht Deutschland ein klein wenig besser. [/vision_notification]

Die Politik ist mal wieder total überrascht, während Seehofer zeitgleich gegen vermeintliche „Asylbetrüger“ hetzt. Für Wählerstimmen redet man auch schon mal mit den „besorgten Bürgern“. Wo ist der Konsenz geblieben, dass sich demokratische Parteien klar gegen Rassismus positionieren? Sind unsere demokratischen Werte weniger wert als die Wählerstimmen von ein paar Idioten? Die Täter sprechen ja gerne von „Patriotismus“, davon seinem Land verbunden zu sein.

Willkommenskultur Anno 1989

Mir fällt dazu vor allem eins ein: Scham. Jeder, der auch nur ein bisschen daran interessiert ist, was für ein Bild Deutschland derzeit abgibt kann nur eins sein: Tief beschämt darüber, dass es diese Monster in so großer Menge gibt. Fast noch tiefer nagt die Scham, dass es so viele Menschen gibt, die zwar nicht aktiv mitmachen, möglichst schnell ein zweites Lichtenhagen zu erschaffen, aber einfach nur zusehen. Es in Ordnung finden.Die werfen ja nicht auf Deutsche“ (O-Ton einer Anwohnerin).

Da fehlen einem auch immer mehr die Argumente gegen die landläufige Meinung, dass der Osten nun mal Rechtsradikal ist. Natürlich besteht Ostdeutschland nicht nur aus Nazis. Es gibt auch dort Menschen, die aufstehen, die sich wehren gegen den braunen Mob. Klar ist aber auch: Dort braucht es unendlich mehr Mut, sich gegen die Rassisten zu stellen als im Westen. Man stelle sich mal vor, die Willkommenskultur, die heute an den Tag gelegt wird, wäre 1989 schon die gleiche gewesen. Bilder davon, wie Wirtschaftsflüchtlinge aus der DDR mit Steinen und Böllern begrüßt worden sind anstatt mit Blumensträussen. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich finde es gut, dass die Mauer sowohl geografisch, als auch ideologisch aus den meisten Köpfen verschwunden ist. Aber kann man wirklich so ein kurzes Gedächtnis besitzen? Aber das „Recht auf Vergessen“ ist in diesen Kreisen ja wohl generell ziemlich ausgeprägt. Eigentlich kann man den Flüchtlingen kaum zumuten dort weiter untergebracht zu werden. Würden sie allerdings verlegt, wäre dies ein Sieg der Rechten. Ein Sieg, der weitere Aktionen nach sich ziehen würde. Der hässliche Deutsche: Ich bin sicher bei Googles Bildersuche taucht da bald ein Bild eines Bewohners aus der Gegend von Dresden auf.

[vision_pullquote style=“1″ align=““]Willkommenskultur Anno 2015

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Man könnte noch vieles sagen, etwa darüber dass angeblich die Ausländer die Arbeitsplätze klauen. Und dann einfach mal schauen, welche Unternehmen sich denn überhaupt noch in solchen Gegenden ansiedeln. Nicht die Ausländer klauen die Arbeitsplätze, sondern neben den Flüchtlingen vertreiben die Idioten auch die Unternehmen. Wer kann es sich in einer globalisierten Welt denn noch leisten qualifizierte Mitarbeiter abzuschrecken?

Ich bin tatsächlich ein wenig fassungslos, was dieser Mob da derzeit anstellt. Menschen, die bereits das Schlimmste durchmachen mussten, Familienmitglieder verloren haben, angreifen. Und unser Bild in der Welt zerstört. Glückwunsch! Ist ja auch viel einfacher auf jemanden einzutreten, der am Boden liegt. Ich habe ehrlich die Schnauze voll, mich immer wieder für meine Landsleute entschuldigen zu müssen. Mit den immer gleichen, hilflosen Argumenten, dass dies nicht die Mehrheit ist, sondern nur eine lautstarke, asoziale Minderheit, dass das ja ohnehin ganz weit weg ist. Ist es eben nicht. Es ist gar nicht so weit weg. Aber wer hätte gedacht, dass einen das gleiche Gefühl beschleicht, wenn man einige deutsche Regionen fährt, als wenn man nach Bagdad oder Syrien reisen würde?

Ich werde auf jeden Fall eine Postkarte schreiben. Auf der ich mich entschuldige. Für dass, was Menschen, die die gleiche Nationalität im Pass stehen haben wie ich dort getan haben und tun. Auf der ich vielleicht versuche zu erklären, dass die meisten Deutschen eben nicht nur rechte Arschlöcher sind. Und einfach versuche zu sagen, dass die Menschen hier willkommen sind. Mag sein, dass dies nur eine symbolische Aktion ist. Aber ich kann mir vorstellen und hoffen, dass so ein Brief oder Postkarte den Menschen Mut macht durchzuhalten. Ihnen Hoffnung gibt. Wenn es viele machen, wenn es sehr viele machen, kann es auch ein Zeichen sein. Ich würde zu gerne in die Gesichter der Pegioten sehen, wenn Körbeweise Post ankommt um den Menschen dort Mut zu machen und gleichzeitig den Rechten Spinnern den Stinkefinger zu zeigen.

 

[vision_content_box style=“coffee“ title=“Mitmachen!“]Die Idee stammt nicht von mir. Sie verlangt, dass man den Hintern hochbekommt, eine Postkarte kauft oder einen Brief schreibt, zur Post latscht und abschickt. Das ist deutlich aufwändiger als ein „Like“ zu klicken oder eine Petition per Mausklick zu unterschreiben. Aber ich finde, gerade dadurch ist es ein wertvolles Zeichen. Mehr infos für die Aktion Refugees Welcome könnt Ihr wahlweise unter Google+ oder FaceBook finden. Hier findet Ihr neben Adressen auch Infos, was man außer seelischem Beistand sonst ggf. noch machen kann. . [/vision_content_box]

 


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