
Auf dem Weg zum heutigen Spiel hatte ich ein wegweisendes Gespräch mit einem Lütten in der U-Bahn. „Gegen wen spielt Ihr denn heute?“ – „Gegen Fürth.“ – „Oh. Da war ich auch mal mit Papa. Da war der Schiedrichter total Parteilisch“
Der Dom schlief noch tief und fest, als ich mit meinem Döner-Frühstück vor dem Millerntor stand. Extrem schwüles Wetter, gutgelaunte Heim- und Gästefans versprachen ein schönes Spiel. Bereits vor Anpfiff wurde Torre verabschiedet. Mal wieder Gänsehautfeeling bereits vor Anpfiff, als er eine halbe Ehrenrunde drehte und mit „You’ll never walk alone“ standesgemäß geehrt wurde. Danke, Torre! Das waren ein paar phantastische Jahre, die Du uns beschert hast. Nicht nur spielerisch, auch menschlich hast Du immer in dieses Viertel gepasst und wirst es auch weiterhin.
Hells Bells war kaum verklungen, da gab es bereits den ersten Aufreger. Nach weniger als 20 Sekunden machte Philipp Ziereis einen Rückpass der Marke „Ambitioniert“ und Himmelmann konnte nur mit einer Fußabwehr wenige Zentimeter vor der Torlinie den Ball ins Aus klären. Na, das ging ja gut los. Aber erfreulich, wie schnell das abgeschüttelt wurde. Im Anschluss stand die Abwehr kompakt und es gab aggressive Angriffe nach vorne.
Gleich positiv aufgefallen ist mir, dass Himmelmann immer sehr schnell versuchte das Spiel zu eröffnen und dies überfallartigen Abschläge fast immer Punktgenau auf dem Mann landeten. Das könnte eine echte Waffe werden in der Saison.
In der 18. Minute wurde der Kampf dann belohnt. Eine schöne Kombination von Maier, Buballa und nicht zu letzt Ratsche, der den traumhaften Rückpass mustergültig verwandelte bescherte uns Song Two. Auch danach blieb das Spiel kompakt und offensiv. Kein Vergleich zu dem Angsthasenfußball, den wir Anfang letzte Saison immer nach Führung gezeigt haben. Stattdessen packte Halstenberg nach einer guten halben Stunde mal wieder seinen schwachen Fuß raus und semmelte das Ding ins Eck. Das war ja fast eine direkte Kopie seines letzten Treffers.
Die Halbzeit selbst zeigte dann, was den FC St. Pauli ausmacht. Auf allen Stehplatztribühnen wurde in Form von Plakaten mächtig Stimmung gegen den „Tag der Patri(di)oten“ gemacht. Die Luftballonaktion auf der Nord war auch akustisch ein schönes Spektakel. Und auch der Verein selbst positionierte sich deutlich mit Durchsagen. Nicht, dass dies jetzt sehr überraschend wäre, aber es ist angenehm, wenn man hin und wieder bestätigt bekommt, dass man sein Herz dem richtigen Verein geschenkt hat. Und persönlich kann ich mich natürlich nur absolut anschließen: Am 12.09. sollte jeder Hamburger auf die Straße gehen und den Nazis zeigen, was Abseits bedeutet. Wir sind das Tor zur Welt, wie man so schön sagt. Da hat Rassismus keinen Platz. Das gilt nicht nur für St. Pauli sondern für die ganze Stadt.
In Minute 65 zeigte der Schiri dann wieder seine ganze Klasse: Pfiff uns einen Vorteil ab und verpasste Ratsche als Krönung noch eine gelbe Karte, weil dieser aufs gegnerische Tor schoss. Ich war mir zu diesem Zeitpunkt sicher: Der Kerl wird uns noch mindestens zwei Punkte kosten.
In der 70sten zeigte der Sebastian Mielitz, üblicherweise im Kasten der Kleeblätter, was für einen Unterschied es macht, einen guten Torwart zu haben. Ist Robin bei uns der Rückhalt, war sein Ausflug alles andere als dazu angetan, die eigene Moral zu stärken. Nur hätte Verhoek das Ding nicht versenken können, nachdem der Torwart schon geschlagen war? Vorbei am leeren Tor. Klar aus schweren Winkel, aber dennoch: Der hätte rein gehen dürfen.
Zehn Minuten vor Schluss kam Fürth noch einmal heran und hatte dann eine ziemlich starke Phase. Dann gab es großkarätige Chancen auf beiden Seiten. Doch alles was zu halten gab, hat Robin auch gehalten. Ewald blieb bei seiner offensiven Linie und wechselte Choi anstelle eines Abwehrspielers. Vielleicht allerdings auch nur mangels Alternativen.
Es war wieder spannend bis zur letzten Sekunde, aber wir habens geschafft. Und am Schluss gab es ein Lied, dass in der letzte Saison höchstens sarkastisch gemeint sein könnte: „Niemand siegt am Millerntor„, diese Saison bisher aber passt. Es war ein tolles, kampfbetontes Spiel gegen einen starken Gegner. Und es hat verdammt viel Spaß gemacht. Wir sind jetzt übrigens auf dem Relegationsplatz. Darf gerne so bleiben. Muss nur der HSV noch etwas besser werden, damit wir der Gerechtigkeit endlich folge leisten können und den Dino nach unten schießen können… 🙂
War sonst noch was? Ach ja: Gratulation, Yannick, das war eine grundsolide Leistung in der Abwehr. Freue mich schon auf weitere Spiele.
Der Trainer war eigentlich schon immer am Millerntor. Meist auf der Gegengeraden knapp vor der Nordtribüne.
Sozial unterwegs