Das war ja mal ein denkwürdiger Tag. Das ganze Wochenende hatte Hamburg ein überraschend gutes Wetter zu bieten, am Tag vor dem Spiel hatte ich bereits eine Stadiontour genossen und den Abend im Café Miller ausklingen lassen, um Nico, meinem Besuch aus Luxemburg vernünftig in die Stimmung einzuführen. Zusätzlich hatte ich ihm noch einen Heimsieg versprochen. Ziemlich große Klappe von mir eigentlich gegen den Tabellenführer und nach dem Union-Spiel.
[vision_pullquote style=“2″ align=“left“]Ewald ist ganz schön fett geworden[/vision_pullquote]Nachdem ich die nur schwer zu ergatternde Karte (Danke, Lars!) meines Kumpels aufgewertet hatte ging es dann auch direkt ins Stadion, um gleich die beste „Stadionwurst Deutschlands“ mit den „hübschesten Wurstverkäuferinnen der Welt“ zu besuchen. Superlative war Nico aber von mir gewohnt. Schließlich wurde „die schönste Stadt der Welt“ ja von mir schon das ganze Wochenende beworben. Wie immer stand ich auf der Gegengeraden und harrte der Dinge, bzw. erst einmal dem Ewald, der da kommen möge. Lief alles wie gehabt: Ewald feuerte mich ganz schön ein, auch wenn mein Kumpel ein wenig schmeichelhaftes „der ist aber ganz schön fett geworden“ einzuwenden hatte. Er kannte Ewald aber auch noch eher aus der Beinaufreißer-Zeit.
[vision_pullquote style=“2″ align=“left“]Jerry ist die 2013er-Ratsche Version[/vision_pullquote]Nachdem das Stadion mit Inbrunst das „Herz von St. Pauli“ gesungen hatte und nach „Hells Bells“ gespielt wurde brauchte ich ihm das mit der Gänsehaut bei AC/DC nicht mehr zu erklären: Die Stimmung war Bombe. Auf dem Platz nahmen die Freiburger das Zepter in die Hand, unsere Jungs standen aber in der Defensive sehr ordentlich und blieben mutig. Teilweise etwas zu mutig, um ehrlich zu sein: Als Jerry vor dem eigenen Tor den Ball verlor, weil er meinte drei Gegenspieler alleine austanzen zu müssen stockte mir schon ein wenig der Atem. Ist aber noch mal gut gegangen. Jerry steigerte sich über das Spiel, wirkte aber gerade im eigenen Strafraum etwas zu übermütig. Er wirkte auf mich in etwa wie die 2013er-Ratsche-Version. Allerdings hatte Robin nicht viel Grund sich auszuzeichnen, was auch sehr gut war, denn er spielte fast die komplett erste Halbzeit gegen eine tief stehende Sonne. Das Spiel verlief hauptsächlich im Mittelfeld. Beide Mannschaften waren sehr diszipliniert, kaum Ballverluste. Fußball auf sehr hohem Niveau, aber dadurch auch mit relativ wenig Torraumszenen. In Minuten 24 zeigte Buballa dann mal, was man so als Fußballkunst bezeichnet. Den hohen Pass von Lasse köpfte er sich kurz vor der Auslinie in den eigenen Lauf und passte dann quer auf die andere Seite zu Schnecke. Der konnte den Ball leider nicht ins Tor köpfen, aber das war technisch allererste Sahne!
Ab da wurden wir bereits etwas mutiger. Schüsse aufs gegnerische Tor häuften sich, Lasse war nun fast genauso oft vorne wie hinten zu finden und zog auch einmal direkt aufs gegnerische Tor ab, leider geblockt vom Gegenspieler. Der Gegner kam auch ein paar mal gefährlich dicht vors Tor, versemmelte aber alle Chancen kläglich. American Football wäre da wohl die richtige Sportart gewesen.
Fast direkt zum Halbzeitpfiff musste sie Robin dann nach einem Schuss von Grifo doch auszeichnen. Erst im Nachfassen hatte er den Ball sicher. Zum Glück würde in der zweiten Halbzeit die tiefstehende Sonne uns nicht mehr stören. In der Halbzeitpause entschied sich dann die Ultras, dass es dem Verein derzeit sportlich und vor allem finanziell wohl deutlich zu gut geht. Die anderen Ränge bedankten sich artig mit einem „Ihr seid doof“ für die konstruktive Kapitalismuskritik der Südtribüne. Bin echt gespannt, ob die Kampfansage an den Verein mit dem „Wir zündeln weiter“ -Banner mal nicht nach hinten los geht. Schade eigentlich. Die Stimmung war bis dahin echt topp gewesen. Wechselgesangswünsche „Gegengerade!“, „Nordtribüne“ wurden danach konsequent ignoriert.
Während das Spiel auf dem Platz an Fahrt aufnahm und unsere Jungs immer mehr das Heft in die Hand nahmen, kam allmählich die gute Stimmung zurück. Wechselgesänge sollte es aber bis zum Abpfiff nicht mehr geben. In der 66igsten gab es dann eine schöne Flanke von Ratsche an der Torauslinie hinein zu Kalla: Kopfball! Tor! Fast genauso wie das Gegentor in Berlin, dass wir im letzten Spiel eingefangen haben. Nur diesmal war der Ball leider wirklich hinter der Auslinie. Das Tor zählte also nicht. Blöd!
[vision_pullquote style=“2″ align=“left“]Am Ende hatten sich wieder alle lieb[/vision_pullquote]Aber ab jetzt nahmen wir das Spiel zunehmends in die Hand und Freiburg hatte immer weniger dagegen zu setzen. Bis Hornschuh den Rückpass fast zum Gegner bringt. Puh. Das war knapp. Robin bügelte das gerade noch aus. Kurz darauf gabs ziemlich Hektik auf dem Platz: Lasse fing einen langen Ball mit dem gestreckten Bein ab, traf bei der Aktion aber auch den Gegenspieler auf der Brust. Glücklicherweise nichts schlimmeres passiert und auch nur Gelb. Rot wäre auch nicht verdient gewesen, aber mit Schiedsrichterentscheidungen haben wir ja so unsere Erfahrungen. Peter Sippel leitete das Spiel aber größtenteils souverän; Er ließ auch mal etwas mehr zu und ließ den Fluss im Spiel. Auch wenn ich ein paar Male ein Foul gegen Ratsche gesehen habe, dass er nicht geahndet hatte, war das doch diesmal in Ordnung.
Ich hatte mich zu diesem Zeitpunkt bereits mit einem Unentschieden arrangiert. Doch in der Nachspielzeit gab es das zweite Déjà vu: Ein Tor! Der Unterschied war diesmal, dass es in der regulären Nachspielzeit fiel und natürlich, dass es für uns fiel. Und was für eins. Nach einem Einwurf kam der Ball perfekt in den Strafraum zu Lenny Thy, der sehenswert aufs Tor semmelte. Der hätte eigentlich verdient gehabt, ins Tor zu gehen, doch der sehr gute Torwart der Freiburger konnte den Ball abwehren. Nicht jedoch den Nachschuss von Ratsche. Alter Schwede! Besser spät als nie! Song Two! Ekstatische Szenen, Geilomat!
In der Folge stürmten die Freiburger wütend auf unser Tor und Robin semmelte ausgerechnet jetzt den Ball beim Abstoß ins aus, aber auch der folgende Angriff landete nicht im Tor. Was aber mehr Glück als Verstand war. Völlig egal: Der Schiri pfiff ab, das Millerntor bebte und am Ende hatten sich sogar wieder Ultras und Nicht-Ultras größtenteils lieb. Was die Mannschaft gezeigt hat war wieder allererste Sahne. Thy hat sich wieder die Lunge aus dem Leib gerannt und mit seinem Volleyschuss erst das Tor ermöglicht, Ratsche war sowieso wieder eine Freude anzusehen und auch von den anderen Spielern gab es fast nix zu meckern.
Wir stehen wieder auf dem dritten Platz, nur zwei Punkte von Freiburg und einen Punkt von den Dosen entfernt. Viel wichtiger ist aber: Der Abstand nach unten steigt weiter an. Das könnte eine sehr entspannte Saison werden.
2 Antworten zu “I’ve got this strange feeling of déjà vu”
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