
Der erste richtig große Brocken der Rückrunde: Eisern Union zu Gast am Millerntor. Die wohl derzeit stärkste Mannschaft in der zweiten Liga, völlig zu Recht weit oben in der Tabelle. Ganz anders übrigens als in der letzten Saison. Da standen die Eisernen nach der Hinrunde auf Platz 15.
Vor dem Stadion war ein ziemlich großes Polizeiaufgebot: Mehrere Uniformierte lungerten vor der Gegengerade rum, schon viele Meter vor dem Stadion war auch berittene Polizei unterwegs. Pferd und Reiter standen übrigens mitten auf dem Radweg. Naja, wen interessiert schon die StVo, wenn man Polizist ist. Der Wendt hats ja mit den Gesetzen auch nicht so, wie soll man bei dem Vorbild schon Gesetzestreu bleiben.
Der Anzahl der „Pappschilder-Hochhalter“ nach zu Urteilen („Suche Karte“) war das Spiel sehr begehrt, das Stadion dementsprechend ausverkauft. Vielleicht hatte auch die erneute Bekräftigung des Vereins, Tickets vom Schwarzmarkt ungültig zu erklären diese Wirkung. Finde ich übrigens richtig so. Ok. Wer auch nicht 🙂
Als ich so in der Schlange stand, kam ein Mädel sehr zielstrebig auf mich zu und fragte, ob „wir“ was dagegen hätten, wenn sie durchhuschte. Es war wohl nicht das imperiale „Wir“ gemeint („Euer Durchlaucht“), sondern ich wurde in diesem Moment für die komplette Schlange von einigen hundert wartenden Fans „verhaftet“. Nun könnte man meinen, es läge an meiner natürlichen Autorität, dass ich zum Sprecher auserkoren wurde. Ich fürchte aber eher, „der sieht harmlos aus“ war der eigentliche Grund. Die Annahme war ja auch nicht ganz unberechtigt, denn ich gewährte natürlich Einlass (um das imperiale „wir“ noch einmal aufzugreifen). Was aber auch nicht weiter verwunderlich war, denn die Mädels durften schon immer vor, alleine aus dem Grund, weil sie ja eigene „Abtaster“ haben. War wohl noch nie am Stadion.
Es gibt übrigens einiges, was ich an Union sehr mag: Die Fans, ihr Stadion, die Tatsache, dass sie ihren großen Stadtrivalen nicht mögen und: Die Hymne. Was haben wir am Millerntor schon für furchtbare Musik ertragen müssen. Übelstes Umm-Tataaa, schlager-ähnliches und Melodien, die übelst an Volksmusik erinnern, so schlimm, dass selbst Helene Fischer ihr Mikrofon wegschmeißen würde und unter Tränen „Was habe ich nur getan?“ um Verzeihung bitten würde. Doch bei den Eisenern: Alles knorke. Nina Hagen bekräftigte Lauthals ihre Liebe zu den kleinen Berlinern und alle waren gut gelaunt.
Bei der Aufstellung gab es keine allzu großen Überraschungen. Warum auch: Das Team hatte gut gespielt bisher. Der Rasen sah mittlerweile etwas fester aus, und Ausrutscher gab es diesmal nicht. Zumindest nicht auf dem Rasen.
In der Folge kam dann Union besser ins Spiel und auch vor einige Mal in die Nähe unseres Tores, teilweise unterstützt durch kleine Unachtsamkeiten. Insbesondere Buballa hatte diesmal nicht die große Fortune. Entlastungsangriffe gab es aber auch: In der 16 Minute schickte Mats Cenk auf den Weg, der (natürlich) die Gegner stehen ließ und im gegnerischen 16er zum Abschluss kam. Leider wurde der Ball dann noch vom Abwehspieler im liegen in Richtung Keeper umgeleitet.
Fast direkt im Anschluss lag der Ball dann blöderweise im falschen Tor. So ein typisches Gegentor in unserem Stadion: Hoher Ball, der Ball kommt komisch auf der Schulter auf, Angreifer und Verteidiger verlieren kurz die Orientierung, und irgendwie kullert das Ding ins Netz. Zum Haare raufen.
Der Stimmung tat das wenig Abbruch, zumal die Mannschaft auf dem Platz weiter ein extrem gutes Spiel zeigte. Beide Mannschaften boten alles auf, offensiv eingestellt, aber Defensiv ebenfalls sicher. Die Zweikämpfe waren verbissen, aber fair und die Fehlpassquote auf beiden Seiten war fast nicht vorhanden.
Nach einer halben Stunde konnte Heerwagen sich erstmals gleich doppelt auszeichnen. Zunächst mit dem Fuß, dann mit den Händen wehrte er einen schnellen Angriff Unions ab. Der wesentlichste Unterschied zwischen den beiden Mannschaften war die Kaltschnäuzigkeit vor dem gegnerischen Tor. Da war Union schlicht etwas souveräner. Doch auch zehn Minuten später konnte Philipp ein Tor verhindern, indem er souverän am Rande des 16ers dem Gegenspieler den Ball souverän weggrätschte.
Im Anschluss hatten wir tolle Chancen im gegnerischen Strafraum. Meist waren Mats oder Cenk an der Entstehung beteiligt. Aber auch Aziz hatte eine gute Chance auf dem Kopf.
Die letzte Chance vor der Pause hatte aber Union. Fast mit dem Halbzeitpfiff kullerte der Ball haarscharf am Außenpfosten vorbei.
Dafür gehörte die erste Chance nach Wiederanpfiff uns. Nach klugem Pass stand Jerry alleine vor dem gegnerischen Keeper, der den Ball aber noch mit dem Knie abwehren konnte. Das hätte es doch sein müssen! Fast direkt im Anschluss wieder so ein krummes Ding in unser Tor. Über Heerwagen herübergeflankt, per Kopf nur noch reingenickt, drin.
Zum Glück ging es dann aber doch weiter und auch die Tribühnen hatten ihre Stimme wieder gefunden. Die Mannschaft spielte ja auch weiter mutig weiter, selbstbewusster als es zu erwarten gewesen wäre. In der 60sten wurde Cenk dann erneut auf dem Weg zum Tor von den Beinen geholt. Klares Gelb eigentlich, hatte aber keine Konsequenzen. Nur wenige Minuten später fast die gleiche Situation. Diesmal gab es aber wenigstens die Karte. Der anschließende Freistoß gab eine sehr gute Kopfballchance für Lasse, die aber leider knapp über das Tor ging.
20 Minuten vor Schluss durften Thy und Miyaichi noch einmal ran. Mats und Cenk mussten dafür runter. An der Leistung hat es sicher nicht gelegen, Frische war da wohl eher die Antriebsfeder für Ewald gewesen.
Die Unioner fanden ab da nicht mehr wirklich statt, aber auch wir kamen zwar an den 16er, aber nicht hinein. Zehn Minuten vor Schluss hatte ich mich schon mit dem 2:0 abgefunden, aber dann fand Aziz doch das Tor nach einer hohen Flanke mit dem Kopf. Geht da noch was? Die Dezibelzahl im Stadion verdoppelte sich auf jeden Fall noch einmal. Das machte wieder Spaß.
In der letzen Minute der Nachspielzeit hatte Thy dann den Ausgleich auf dem Fuß. Nur noch den Fuß hinhalten und…. drüber. Was haben die Bremer mit dem Jungen gemacht? Das hätte das doch sein müssen!
Am Ende wars das dann aber, obwohl Heerwagen ebenfalls mit im gegnerischen 16er war.
Das war ein extrem intensives, tolles Spiel. Nur das Ergebnis hat mir natürlich nicht so übermäßig gefallen.
Neben Cenk hat mir heute Mats richtig gut gefallen: Kluge, präzise Pässe, irgendwie immer an der richtigen Stelle, auch nach hinten aufgerieben: Da haben wir uns einen guten geholt. Auch die restliche Mannschaft hat ein richtig gutes Spiel gemacht. Einzig Buballa hatte ein paar unglückliche Situationen, was ich aber auch nicht zu hoch hängen möchte. Manchmal läufts halt blöd.
Am Ende war es für Union in der letzten Saison übrigens Platz 6 in der Tabelle. Da wir am Ende der Hinrunde hingegen auf Platz 18 standen müsste rein rechnerisch der dritte Platz noch drin sein. Könnt ich mit Leben. Vielleicht in der Relegation gegen Mordor?
Aber mal Ernsthaft: Union hat verdient gewonnen. Sie waren einfach besser als wir. Der gute daran: Schlecht hat sich unsere Mannschaft dabei nicht gerade präsentiert. Der Fußballgott ist ja nicht unbedingt oft auf unserer Seite, aber mit der Qualität wäre es doch total verrückt, wenn wir absteigen würden. Diese alberne Floskel „So spielt kein Absteiger“: Auf wen soll das bitteschön zutreffen, wenn nicht auf uns? Apropos „verrückt, wenn wir absteigen“: Das nächste Heimspiel ist gegen Hannover 96. Noch so ein schwerer Gegner. Da dürfte dann gerne ein Punkt (oder mehr) drin sein.
P.S: Puh. Gerade noch rechtzeitig; Nicht das jemand denkt, ich wäre ein Erfolgsfan, der nur bei Heimsiegen schreibt. 🙂 Habs echt komplett verbaselt. Also diesmal nur einen Tag vor dem nächsten Heimspiel der Spielbericht. Man könnte es auch anders ausdrücken: BREAKING NEWS gibts halt woanders, ich nehme mir Zeit für die Recherche und die perfekte Formulierung… 😀
Der Trainer war eigentlich schon immer am Millerntor. Meist auf der Gegengeraden knapp vor der Nordtribüne.
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