Mit den Göttern ist das so eine Sache. Sollte man nur einen haben (Keine anderen Götter neben mir) oder doch lieber so viele wie möglich wie in der griechischen oder nordischen Mythologie?
Und wie sollte man seinem Gott huldigen? Gar nicht? Mit einem Nudelsieb auf dem Kopf? Alles Fragen die vielleicht teilweise das Spiel gegen Union Berlin beantworten konnte. Denn da trafen gleich zwei Gruppen von Gottesanbetern aufeinander:
Die Unioner belegten jeden einzelnen ihrer Spieler mit dem Prädikat „Fußballgott“. Satte elf Götter waren da also bereits auf dem Platz. Die Auswechselgötter nicht mitgerechnet.
Wir hingegen sind oftmals ziemlich Gottlos unterwegs. Unser Fußballgott Schnecke ist ja auch nicht immer dabei. Diesmal hingegen gab es eine Steigerung der Göttlichkeit um satte 100%, denn auch Alex Meier stand von Anfang an mit auf dem Platz.
Ganz schön viel los also auf dem Olymp, der bei uns Millerntor heißt. Aber kurz ein Blick auf uns einfache Sterbliche auf den Rängen, die da unter anderem Gegengerade heißen:
Die Stimmung war gut, auch wenn das letzte Auswärtsspiel nicht gerade ein Leckerbissen war. Es war so kalt wie es sich für einen Februar nun einmal geziemt, doch immerhin war es trocken. Der Zutritt zum Olymp dauert diesmal deutlich länger als sonst. Auch die Reise war für einige Pilger deutlich länger als bisher, da die U-Bahn streckenweise durch Busse ersetzt wurde. Das hinterte aber ebensowenig wie der ungeliebte Montag die Fußballgläubigen daran jeden einzelnen der 29546 Plätze zu besetzen.
Also eigentlich kein Grund, warum die Unioner direkt wieder nach Hause gehen wollten. Dennoch sangen sie „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin!“. Sie blieben aber dennoch da.
Auf dem Platz gab es das erwartet schwere Spiel gegen einen starken Gegner, der vor allem in der Abwehr richtig gut agierte, aber auch vorne sehr schnelle Leute hatte. Auf beiden Seiten gab es sehr frühe Überraschungsmomente, erst klaute Knolli einen Rückpass der Eisernen, kurz darauf pennt Himmelmann etwas und wird beim Abstoß geblockt. Beides Mal aber gab es leider, bzw. den Göttern sei Dank, kein Tor.
Auch sehr schnell gab es die ersten gelben Karten zu vermelden. Schön verteilt auf beiden Seiten waren die innerhalb einer Viertelstunde verteilt, ohne dass das Spiel übermäßig hart wäre.
In Minute 22 wurde es dann richtig brenzlich. So klassisches Kullerding, welches wir ja gerne mal rein bekommen. Nur diesmal mit dem Glück auf unserer Seite: Himmelmann schaffte es irgendwie, den Ball so gerade eben vor der Linie noch zu schnappen. Und direkt im Gegenzug steht es dann plötzlich 1:0 für uns. Allagui semmelt einfach mal drauf. Aus satten 30 Metern und direkt ins Eck. Der Keeper war noch dran, aber das Ding war unhaltbar. Das darf er gerne mal öfters probieren!
Sicher machte die Führung unsere Abwehr leider nicht. Da wurde doch relativ viel hinten rausgestochert. Nach einer halben Stunde gab es dann einen sehr auffälligen Textiltest. Flum zog sehr lang und sehr konsequent an der Hose des Gegenspielers um zu verhindern, dass dieser aufs Tor rennen konnte. Die Hose schien aus einem verdammt guten Material zu sein. Was den Schiri nicht sehr beeindruckte, aber zu einer weiteren (verdienten) gelben Karte führte.
Wie bisher auch war erneut Union um einen Ausgleich bemüht und holte sich auch kurz darauf die gelbe Karte ab. Es folgte viel Geplänkel im Mittelfeld, kurz vor Schluss der ersten Halbzeit durfte dann Allagui auch noch mal ran, aber diese eigentlich deutlich bessere Chance auf ein Tor köpfte er vorbei.
Der Spielstand war zu dieser Zeit absolut in Ordnung. Bei einem Unentschieden hätten wir auch nicht meckern dürfen, aber völlig unverdient wars nicht.
Aufgrund des Wochentages war es bei mir Essig mit trinken, also in der Halbzeit keine Chance auf eine Aufwärmung von innen. Das Jungvolk, dass sich in meine Ecke verirrt hatte, hatte offensichtlich am Dienstag nix wichtiges mehr vor. Was da alles durchgezogen und weggetrunken wurde: Respekt.
Zur zweiten Halbzeit gab es die Hooligans mal in kompletter Länge, während das teilweise göttliche Personal komplett unverändert blieb. Darf man Götter überhaupt auswechseln?
Wir wurden mit der zweiten Hälfte nicht unbedingt stärker. Es blieb sehr kampfbetont, aber die klareren Chancen hatte eigentlich Union. Was blöd war, weil jetzt das Unioner Tor direkt vor mir war und ich doch eigentlich lieber ein schönes Heimtor direkt begutachten wollte. Es dauerte noch einmal eine Viertelstunde, bis wir dann eine Ecke bekamen. Knolli spielte direkt vor uns noch einmal richtig den Einheizer und wurde mit lauten Unterstützungsgesängen belohnt.
Und das Brüllen sollte sich lohnen: Alex Meier machte das, was er schon in Frankfurt gerne gemacht hat: Einfach irgendwie richtig stehen und den Kopf da hinhalten, dass der Ball ins Netz geht. Vorausgegangen war eben die Ecke von Knolli Punktgenau dahin, wo der Ball eben hingehört. Da das Extrempartyvolk vor, bzw. unter mir stand blieb die Bierdusche bei mir im Rahmen. Ich brüllte ein heiseres von Herzen kommendes „Ja, Mann!“ in Richtung Knoll, der zu uns kam als wollte er sagen: „Einfach anfeuern, dann machen wir das schon“ bevor ich dann in „Song Two“ einstimmte.
Zwei Tore Vorsprung. Das war ja schonmal etwas beruhigender als ein knappes Ein-Tore-Spiel. Blöderweise kämpfte Union jetzt mit ordentlich Wut im Bauch. Einerseits wurde die gegnerische Abwehr damit endlich mal ein wenig durchlässiger, andererseits versemmelten wir viel zu viele gute Konterchancen und Union drückte unsere Abwehr mächtig in den eigenen 16er.
Fünf Minuten vor Schluss kam dann der Anschlusstreffer. Gefühlt viel zu einfach, aber da ich ja am komplett anderen Ende des Stadions steht will ich da auch nicht das Adlerauge spielen. Auf jeden Fall „viel zu früh“, wie die einhellige Meinung im Nordteil der Gegengerade war. Eines Beweises hätte es meiner Meinung nach nicht bedurft, aber nur zwei Minuten später kam dann der Ausgleich. Auch weil unsere Abwehr einfach nicht mehr rauskam.
Wie ärgerlich! Und zudem sah es so aus, als würde das eher noch eine Niederlage werden, als ein Siegtreffer von uns zu erwarten wäre. Weiterhin sechs Punkte bis Mordor? Blöd!
Doch dann machte uns einer der Berliner noch einen riesen Gefallen. Er wirbelte Buchti in der Nachspielzeit im 16er um. Und im 16er ist sowas nun mal ein Elfmeter. Kein Vertun: Das war eine ziemlich klare Angelegenheit. Da brauchts keinen Videobeweis.
Zum Elfmeter trat unser frischgebackener Fußballgott an. Und versenkte das Ding ziemlich kaltschnäuzig. Wow. Nie zu früh ein Tor schießen oder so, denn auch danach wurden die Unioner wieder richtig sauer und das Zittern hörte nicht wirklich auf.
Doch dann war Schluss. Drei Punkte im Sack gegen einen wirklich starken Gegner. Platz zwei in der Tabelle. Die ja eigentlich egal ist, aber um Mordor zu überholen fehlt theoretisch nur noch ein Sieg. Wäre da nicht ausgerechnet Köln.
Aber egal: Drei neue graue Haare, aber ein Happyend und die Erkenntnis: Man kann auch zu viele Götter haben. Unsere zwei haben die elf eisernen Götter mit Einsatz und auch etwas Glück besiegt. Kann so weiter gehen.