
Arschkalt wars – mal wieder – am Millerntor. Aber immerhin war (und blieb) es trocken, als ich mich eine gute Stunde vor Anpfiff an der Gegengeraden eingefunden hatte. Noch vor Anpfiff gab es aus den Lautsprechern „Cocaine“ zu hören. Nun ja: An die verschiedenen Grasgerüche, auf die mein Heuschnupfen zum Glück nicht anspringt habe ich mich ja schon gewöhnt. Aber „Cocaine„? Wäre das hier St. Pauli*Nu, würde ich doch glatt eine Verschwörung wittern, dass der Verein sich bei den Schrimps-essenden Logenbesitzern einschleimen wollte. Denn mal ehrlich: Auf den Stehplätzen geht das ja nicht mit den Linien bauen, wenn ich die einschlägigen Filme richtig interpretiere braucht man da auf jeden Fall Tische für 😉 .
Ich hatte vor dem Spiel erwartet, dass es schwerer würde als gegen Leipzig. Jetzt mussten wir das Spiel machen und nicht auf Konter warten. Umgedrehte Verhältnisse also. Das Spiel lief dann jedoch doch etwas anders. Die Frankfurter stellten sich nicht hinten rein, sondern machten es sich gleich zu Beginn in unserer Hälfte gemütlich. Die Fortuna und – wieder einmal – Robin hatten alle Hände voll zu tun, schlimmeres zu verhindern. Unterstützt wurden die Frankfurter dabei kräftig vom kleinlichen Schiedsrichter. Aber – um es vorweg zu nehmen: Die Schiedsrichterleistung war zwar unter aller Sau, hatte aber auf das Spielergebnis keine wirkliche Auswirkung. Bereits in der ersten Spielminute landete der Ball an unserem Torpfosten; Der Stimmung tat das erst einmal keinen Abbruch. Die bekannten Wechselgesänge mit Süd und Nord mit schönem Gruß an den Rivalen aus Stellingen schwankten durch das Stadion.
Aber die Reaktion war in Ordnung. Thy und Sobiech prüften den gegnerischen Torwart, der leider keine Blöße zeigte. In der 17. Minute musste Zimling nach einem unglücklichen, foul-freien Zusammenstoß mit der Trage vom Platz. Gute Besserung auch von mir.
Spätestens jetzt wurde die Stimmung etwas lauer. Zwar gab es weiterhin stimmgewaltige Rufe, aber es waren jetzt mehr – halb verzweifelte – Anfeuerungsrufe der Marke „Sankt Pauli“ und „Boys in brown“. Unsere Abwehrkette verwandelte sich derbei in eine Fehlerkette. Nur Robin war auf dem Posten und verhinderte, dass es zur Halbzeit schon 4 oder 5 Gegentore gegeben hatte.
In der Halbzeitpause konnte ich wenigstens in Ruhe die Bandenwerbung studieren. Neben dem üblichen Verdächtigen Congstar gabs Werbung der Dose, und auch „Love Football – Hate Racism“ vom Sponsor Lonsdale. Den könnte ich mir übrigens auch gut für den Produzenten für die Klamotten im Fanshop vorstellen. Gäbe wohl kaum einen Hersteller, der glaubwürdiger zu uns passen würde. Kommt ja nicht alle Tage vor, dass man ein gut laufendes Geschäftsmodell aufgibt und sich gegen den braunen Mob positioniert. In Sachsen (welch Wunder) führte das direkt zu einem Umsatzrückgang von 75%. Ist lange her aber immer noch einmalig. Unsere Boxer werden von Lonsdale ja schon länger unterstützt. Auch bei „Laut gegen Nazis“ ist der Hersteller schon länger aktiv. Jetzt wohl auch die Kicker. Scheiß Kommerz und so, aber hier erwähne ich die Marke doch gerne mehrmals. Also: Under Armour raus, und Lonsdale rein. Eigentlich ganz einfach, oder?
Apropos Halbzeitpause. Endlich gabs mal wieder Los Fastidos zu hören. Leider nur zu spät gestartet und deshalb vom Wiederanpfiff unterbrochen. Und es dauerte wieder keine zehn Minuten und eine Ecke, bis erneut der Ball im falschen Netz lag. Lasse hatte ihn ungünstig ins Tor befördert. Das machte den Druck natürlich nicht gerade besser und vor allem Taiwo Awoniyi war überhaupt nicht in den Griff zu kriegen. Bis auf den Abschluss lief bei ihm alles gefährlich. Der ist übrigens nur ausgeliehen, Ewald! Vielleicht könnten wir uns nächstes Jahr ja einen weiteren Nationalspieler angeln…
Die letzten 20 Minuten durften Jerry und Choi noch mal etwas mehr Pfeffer ins Spiel bringen. Die beiden hatten dann auch noch ein paar gute Aktionen, vor allem in der Kombination. Aber in diesem Spiel sollte einfach nichts klappen. Der Schiri übersah mittlerweile das dritte Handspiel der Frankfurter, bevor Thy den letzten Schuss des Spiels abgeben durfte. Und so war der Abpfiff ein willkommenes Ende.
Nee. Das war nix heute. Aber was solls. Man sollte nie vergessen, wo man her kommt. Und wir sind immer noch weit oben in der Tabelle, die dritte Liga weit entfernt. Das ist das, was ich mir diese Saison gewünscht habe. Hoffen wir, dass uns der nächste Gegner wieder besser liegt.
Ich wiederhole es ja fast schon Mantra-mäßig und ich mein das ernsthaft: Ich will gar nicht, dass wir aufsteigen. Ein einzelnes Spiel entscheided darüber ohnehin nicht. Es macht genauso wenig Sinn, nach dem Leipzig-Spiel den Aufstieg zu planen wie nach diesem Spiel alles abzubrechen. Aber dennoch: In der zweiten Liga ist das eigentlich viel kuscheliger. Die Siegquote ist höher, das Stadion auch so ohnehin fast immer voll. Und Business-Seats brauchen wir sowieso nicht. Aber da gibt es einen Haken an der Sache: Der Deal war, zu Hause zu gewinnen und Auswärts den einen oder anderen Punkt liegen zu lassen. Ja. Ich bin ein stinkfauler fast-nur-zu-hause-schauer. Und da hab ich mehr Bock auf Party als auf Frust.
Der Trainer war eigentlich schon immer am Millerntor. Meist auf der Gegengeraden knapp vor der Nordtribüne.
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